1978, da war was los am alten Hauenstein.
Hallo
1978 jährte sich zum 120. Mal die Eröffnung der alten Hauensteinlinie der SBB.
Es war nicht ein normales Jubiläum, sondern weltweit einmalig, dass nämlich die Maschine, die den Eröffnungszug 1858 gezogen hat, durch ein Wunder betriebsfähig überlebt hat, und wider zur Verfügung stand. Man hat sie aus dem Verkehrshaus herausgeholt und sie wieder in Betrieb gesetzt.
Ein kleiner Exkurs:
Die Hauensteinlinie war der erste Juraübergang von Basel her ins Mittelland. Die Bahn folgte der alten Passtrasse über den sogenannten unteren Hauenstein, das Homburgertal aufwärts und vermied die letzte Geländestufe mit einem rund 2.5 Kilometer langen Scheiteltunnel.
Der damaligen Zeit entsprechend nahm an für einen kürzeren Tunnel grössere Steigungen in kauf. Mit 26 Promille war die Strecke eine Bergstrecke, mit allen Problemen, die eine solche Steigung brachte, wie Vorspann etc. Dazu kam noch, dass der Scheiteltunnel ebenfalls in der Steigung lag. Der höchste Punkt ist beim Portal in Läufelfingen.
Beim Bau des Tunnels wollte man 3 Schächte anlegen, wobei der Mittlere nicht bis zur Sohle gelangte.
In einem dieser Schächte entstand ein Brand, der einen Teil des Tunnels einstürzen liess. Die Leute, die zwischen Schacht und Tunnelbrust am arbeiten waren erstickten alle. Auch die Rettungsmanschaften verloren noch einige Leute.
Wer genau lesen will: Hier ein zeitgenössischer Bericht:
http://retro.seals.ch/digbib/view?pid=apk-002:1858:137::136
Noch heute ist in Trimbach auf dem Friedhof das Denkmal der Umgekommenen.
Ein Schacht ist noch vorhanden, während der zweite, einstürzte, auf Luftbildern noch gut zu erkennen ist:
http://map.search.ch/d/wqymwnlng
Von 1912 bis 1916 wurde dann der Basistunnel von Trimbach nach Tecknau gebaut. Da dieser normale Steigungsverhältnisse hatte, war dann das Schicksal für die alte Linie besiegelt: Es wurde eine Nebenlinie. 1938 wurde dann das 2. Gleis entfernt und das verbliebene Gleis in die Mitte der Tunnel verlegt.
Allerdings, es wurde nie ganz ruhig um diese Linie: Dank der ehemaligen Doppelspur, herrschen grosszügige Lichtraumverhältnisse, so dass man Transporte mit Lademassüberschreitung gerne durch die alte Hauensteinlinie führte. Auch wenn der Basistunnel wegen Bauarbeiten geschlossen ist, fährt man obendurch.
So wie im Januar 2015:
Ja, kommen wir aufs Jahr 1978 zurück:
Damals wurde das 120 Jahr Jubiläum begangen.
Ein Zug mit der Lok Genf, und ein Zug mit der frisch revidierten B3/4 1367 und der Eb2/4 5469.
Die B3/4 war erst seit einem Tag abgenommen.
Das Ganze fand vom Freitag dem 25. August bis Sonntag, dem 27. August 1978 statt.
Also: Das Fahrrad wurde voraus nach Läufelfingen geschickt, in der Jugendherberge Liestal Quartier vorbestellt und die Strecke 2 Wochen vorher abgegangen um die Fotopunkte auf der Karte einzuzeichnen.
Dann gings los: Am Morgen früh von Winterthur weg, und bei Nebel in Olten agekommen. Das war der erste Kontakt mit dem berühmten Oltner Nebel!
Nun, Im Nebenbahnof wurde der Zug mit der Genf bereitgestellt. Da die Lok keine Puffer hat, war das nicht so ganz einfach, den Vorspann anzuhängen:
Bei der Abfahrt rief mir ein Bremser aus Jux zu, ich solle aufspringen.
Für mich wars kein Jux
Also war ich auf dem Zug als einziger Passagier, und wurde von den Bremsern lachend empfangen.
Daher konnte ich während der Bergfahrt Innenaufnahmen vom Zug machen:
In Läufelfingen dann die Re4/4II abgehängt.
Ich holte derweil mein Velo, wobei es ein Problem gab: Es war noch eine Weiteres Velo da, dass die Gleiche Nummer auf dem Aufgabeschein hatte. Zuerst bekam ich einen Renner und hatte alle Mühe dem Stationsvorstand klarzumachen, dass das nicht mein Velo sei. Nachdem der Irrtum geklärt war, bekam ich das richtige Velo.
Das Velo habe ich nur einmal gebraucht. Nachher machte ich alles zu Fuss. Es wurde dann in Sommerau noch am gleichen Tag zurückgegeben.
Also mit dem Velo die Hauptstrasse runter, den Hang hochgekraxelt und das erste Bild gemacht:
In Rümlingen verweilte ich dann am Viadukt, und wartete auf den Gegenzug von Sissach her:
Überhaupt: Der Viadukt ist fotogen gelegen und bot vielfältige Möglichkeiten:
Er ist übrigens der einzige Viadukt den es mehrmals gibt in der Schweiz: Die Goldacher Brücke ist mit denselben Lehrgerüsten erbaut worden. Die wurden dann nachher an den Hauenstein gebracht.
http://www.tagblatt.ch/aktuell/panorama/...t253654,3959828
Hier der Goldacher Viadukt zum Vergleich:
Dann gemütlich der Strecke entlang, Die guten Punkte wusste ich ja:
Frech war man auch manchmal. Hier sieht man gut das ehemalige Doppelspurprofil:
Man muss sagen: Es war eine andere Zeit. Heute würde ich das nicht mehr machen. Es würde auch nicht mehr toleriert.
Wieder in Läufelfingen, die B3/4 schön im Licht.
Eine halbe Stunde später, kam die Genf:
Im Hintergrund der Personenzug mit Ae 3/6
Der Führerstand war ziemlich rudimentär:
Man kann mit dem Ding aber trotzdem gut fahren, wie ein Video von 2009 zeigt:
https://www.youtube.com/watch?v=AJ5mxYkroXI
Abends gings dann in den Stall nach Olten:
Im Hintergrund die Aarebrücke für die Basislinie.
Die Überraschung im Depot: Die Eb3/5 5819 stand angeheizt als Reserve herum:
Und ein bisschen Beifang gab es auch: der RAe2/4 1002:
Die Genf wurde abgedreht:
Und verschwand in Richtung Depot:
Am nächsten Morgen musste dann noch die Genf auf dem Rümliger Viadukt drauf:
Und die B 3/4 wollte ich doch nochmals im Tunnel sehen:
Die Luft entsprach wohl einer Kurpackung Churchill Mornings
Von aussen sah es dann so aus:
Die andere Talseite hatte auch ihren Reiz:
Sei es vor Läufelfingen, oder in Rümlingen:
In Sommerau, vor der Aktion Weichenklau noch eine Kreuzungsstation, begegneten sich die Züge in der Regel:
Die Bremser, Luftbremse gab es auf der Genf nicht, konnten verschnaufen:
Nachher gings dann weiter:
Die Strecke steigt mit 26 Promille. Die 120 jährige Genf ist ordentlich belastet. Die Fahrt den Hauenstein hinauf war also kein Spaziergang:
Runter gings dann sozusagen gratis:
Irgendwann war ich dann in Sissach unten. Dort gabs zuerst ein wenig Beifang:
bevor der lange Zug sich auf die Socken machte:
Und die Genf herunterkam.
Zum drehen, mühsam von Hand:
Die Herren auf dem Führerstand sind, meines Wissens Paul und Peter Winter. Vater und Sohn. Beide haben bei den SBB Karriere gemacht, und die Bahn nachhaltig geprägt. Vor allem Peter Winter ist es zuzuschreiben, dass das ETCS L2 in der Schweiz so rasch und konsequent eingeführt wurde.
http://www.gdi-adi.ch/fileadmin/content/...aesentation.pdf
Dass die beiden Herren auch ein Herz für Altes haben, macht sie sehr sympathisch.
Im Hintergrund übrigens die normale Pendelkomposition der Hauensteinlinie: Ein Bt Steuerwagen und ein BDe 4/4 mit ev. Zwischenwagen. Der Steuerwagen war früher ein ABt, der aber, als die erste Klasse aufgehoben wurde, zum Bt deklassiert worden war. Man sieht gut, dass die ersten 3 Fenster einen grösseren Abstand haben. Anfangs liess man die Erstklass- Sitze einfach drin. Erst bei der nächsten Revision wurden die Bänke zweitklassig. Gleichzeitig wurde der Uebergang mit den Faltenbälgen entfernt und die Tür verschweisst.
Nachher wurde wieder mühsam gebremst:
Kohle fassen:
Und Rauchkammer reinigen:
Hier endet meine Reportage.
Die Genf verschwand dann für lange Jahre wieder im Verkehrshaus.
Es sollten 31 Jahre vergehen, bis sie wieder auf den Schienen unterwegs war: Am 23. Mai 2009 war es soweit.
Hier in Arth Goldau:
Sie war beim Jubiläum Koblenz am 26 August 2009 anwesend:
und fuhr dann mit eigener Kraft nach Zürich:
Der letzte Einsatz war am 16. Oktober 2010 mit der Limmat zusammen im Solothurnischen.
Oensingen:
Ob in Zukunft, mit der vereuropäisierung der Eisenbahnen so was noch möglich sein wird? Ich glaube nicht.
Der Regulierungswahn wird das abklemmen.
Ein Zug, ohne UIC Kupplung
auf innerschweizer Hauptstrecken unterwegs, wie im Film weiter oben?
Ja, ich habs erlebt und die Erinnerung kann mir niemand nehmen!
Ich wünsche allen ein schönes Jahresende.
Gruss Heinz