Moin werte Stummianer,
nach der erfolgreichen, aber lästigen Bilderumstellung, kann man sich hier wieder den Eisenbahnthemen widmen, die einem Freude bereiten.
Diesmal ist mein Thema die in nur wenigen Exemplaren gebaute Wehrmachtsdoppellokomotive D311, die z. B. vom „blauen Klaus“ Wolfgang in dem Faden „V188 501 DB - der Versuchsträger D611.01 (Fa. Krupp / Essen)“
V188 501 DB - der Versuchsträger D611.01 (Fa. Krupp / Essen) gleichfalls behandelt wird.
Ursprünglich wurden die Doppeldieselelektrolokomotiven mit der Bezeichnung D311 von der Wehrmacht zur groben Seiteneinrichtung der 1.350 Tonnen schweren (Eisenbahn)-Geschütze „Schwerer Gustav“ in der sogenannten Schießkurve gebraucht, als auch als Stromversorger beim Auf- und Abbau des „Gustav-Gerätes“, wie die Geschütze bei der Wehrmacht bezeichnet wurde. Die 80-cm-Kanonen hatte einen eigenen Stromversorger. Sollte dieser ausfallen, konnten die D311 als Notstromversorger einspringen.
Die Gustavgeräte waren die geheime Antwort der Wehrmacht auf die schweren und als uneinnehmbar geltenden Festungen der französischen Maginotlinie. 1937 erfolgte der Erstauftrag bei Krupp für die „Sondergeschütze“. Zwei Geschütze wurden fertiggestellt, „Schwerer Gustav I“ und „Schwerer Gustav II“, später in „Dora“ umgetauft. Ein drittes Gerät „Langer Gustav“ war im Bau und wurde nie fertiggestellt, ein viertes Gerät „Langer schwerer Gustav“ nur projektiert.
Die schweren Geschütze mußten in der Schießkurve auf zwei parallelen Spezialgleisen laufen, sodaß je Geschütz je zwei Doppeldieselelektrolokomotiven gebraucht wurden, die synchron nebeneinander die Kanone in die errechnete Schußposition schoben. Die Wehrmacht bestellte sechs Doppellokomotiven bei Krupp, wovon vier 1941-43 fertiggestellt wurden. Zwei weitere wurden beim Bau bei einem Bombenangriff auf die Krupp-Werke beschädigt.
Die vier fertigten Doppellokomotiven mit den Bezeichnungen D311.01 – D311.04, wobei jede Lokhälfte entweder den Buchstabenanhang „a“ oder „b“ bekamen, nahmen als Wehrmachtslokomotiven, aber laut Beschriftung der Deutschen Reichsbahn unterstellt, ihren Kriegsdienst auf. Viel ist betreffend ihres Einsatzes im Krieg nicht bekannt. Ihrer ursprünglichen Aufgabe kamen sie auf dem Schießplatz Hillersleben beim Einschießen der Geschütze sowie dem Kriegseinsatz beim Beschuß der Festung Sewastopol nach. Wozu sie sonst noch eingesetzt wurden, ist offen. Zumindest sollen sie auch bei Sewastopol zu regelmäßigen Manschaftstransport auf Rungenwagen eingesetzt worden sein sowie dort Rangierdienste vollbracht haben. In Frankreich sollen sie auch gewesen sein, als auch im Balkan beim Transport kleinerer Eisenbahngeschütze. Der von Lima jahrelang verkaufte Geschützzug „Leopold“ könnte es möglicherweise auch in der Realität gegeben haben. Vieles war damals geheim, zu fotografieren verdächtig, buchführen über die Einsätze wohl zu aufwendig und vieles an Unterlagen ging auch verloren oder wurde vernichtet.
Aufgrund dessen ist heute auch nicht mehr sicher, in welcher Farbe die Diesellokomotiven von Krupp ausgeliefert wurden. Auf den wenigen alten Schwarzweißfotos ist das nicht klar erkennbar. War es grün oder eher das Schwarzgrau (RAL 7021) der Wehrmacht? Oder einmal für zwei Lokomotiven das für die Reichsbahn bis 1942 gültige Eisengrau (RAL 7011) für Diesellokomotiven, für die anderen zwei Lokomotiven stattdessen das Schwarzgrau? Selbst der Hersteller Krupp konnte das später nicht mehr auf Anfrage sagen. Heute geht man von der Farbe Schwarzgrau (RAL 7021) der Wehrmacht aus, die ich für meine Zeichnung wie folgt auch übernahm.
Größere Auflösung: V188_Wehrmacht_schwarzgrau_stummi.png
Ein Problem beim Zeichnen ist dabei auch immer den richtigen Farbton zu treffen. Nicht nur, daß das gezeichnete Bild auf jedem Bildschirm entsprechend dessen Einstellungen unterschiedlich wirkt, sondern auch, daß die RAL-Farben sich im laufe der Zeit veränderten. So wurden diese nach dem Kriege umgenannt und „entnazifiziert“ (was auch immer das heißen mag) auf Befehl der Sieger. Daneben bekommt man, will man eine RAL-Farbe über RGB-Angaben einstellen, zig RGB-Angaben, die die Farbe dann unterschiedlich darstellen. Man ist erstaunt, wie merkwürdig bzw. unwirklich darauf die Lok dann manchmal aussieht. Bei der Wehrmachtsfarbe Schwarzgrau RAL 7021 gibt es in bestimmten Foren seitenlange Diskussionen darüber, was nun der der richtige RGB-Wert für den Rechner ist. Am Ende entscheidet dann das Bauchgefühl.
Bei der Wehrmachtslokomotive ist zu späteren Zeiten gegenüber auffallend, daß jedes Rad zwei Sandstreuer links und rechts besitzt, als auch die Steckdose an der jeweiligen Lokomotivenfrontseite. Diese dienten zur Verkabelung der beiden Doppellokomotiven miteinander, so daß diese nebeneinander synchron von einem Führerstand gesteuert das Geschütz verschieben konnten. Die unteren Scheinwerfer besitzen dazu Blenden.
Der Modellbauer Lima brachte die D311 mit verschiedenen Tarnanstrichen heraus. Belegt sind diese durch Fotos nicht, aber durchaus im feldmäßigen Einsatz denkbar. Gesichert durch Fotos ist nur ein Tarnanstrich, der sogenannte „Walli“-Tarnanstrich der D311.01 und D311.02, welcher beim Einsatz bei Sewastopol angewendet wurde. Feldmäßig wurde dieser Streifenanstrich in weißer Kalkfarbe aufgetragen, die Frontseiten der beiden Loks im gleichen Stil mit dem Namen „Walli“ - wohl als Glücksbringer gedacht - beschrieben, daher der Name des Tarnanstriches.
Größere Auflösung: V188_Wehrmacht_Walli_stummi.png
Mit dem Ende des 2. Weltkrieges zeigte eine Bestandsaufnahme der Doppellokomotiven: D311.01 in der Sowjetunion verschollen, D311.02 wieder bei den Krupp-Werken, wobei sie bei einem Bombenangriff der Allierten anfang März 1945 schwer beschädigt wurde. Die im Bau befindlichen D311.05 und D311.06 gleichfalls bei den Krupp-Werken durch Bombenangriffe zerstört. In Freilassing fand sich die D311.03. Im September 1949 bot dann ein holländische Schrotthändler die in seinem Besitz befindliche D311.04 der DB zum Kauf an. Die DB schlug zu und kaufte die Lok. Sie wurde aufgearbeitet und trat im November 1951 grün mit schwarzem Rahmen als V 188 002 a/b ihren Dienst bei der DB an. Die D311.03 war schon1948 überarbeitet worden und leistete ab dann noch in der schwarzgrauen Farbe der Reichsbahn als nun V 188 001 a/b als Schiebelokomotive auf der Stellrampe Laufach-Heigenbrücken ihren Dienst. Auch sie erhielt nach der Aufarbeitung der V 188 002 a/b einen grünen Anstrich. Neben der neuen Bezeichnung und dem grünen Anstrich war nun bei beiden Diesellokomotiven ein Aufbau auf dem Dach dieser zu finden, der die Kühlung der Dieselmotoren verbessern sollte. Die Sandstreuer an den Rädern wurden auf die Hälfte reduziert, die Steckdosen an den Lokvorderseiten wie auch die Blenden an den Scheinwerfern entfernt.
Größere Auflösung: V188_DB_gruen_stummi.png
Die bei den Krupp-Werken beschädigte D 311.02 wurde von der DB am 16.11.1951 aufgekauft und erhielt schon einmal die neue Bezeichnung V 188 003 a/b. Sie sollte den Schiebedienst auf der Spessart-Rampe übernehmen und die dort eingesetzten Dampfloks ersetzen. Da aber die ersten Erfahrungen mit den beiden anderen V 188er Mängel zeigten und diese immer wieder zu langen Reparaturzeiten zwangen, nahm man Abstand von dem Neuaufbau der V 188 003 a/b und funktionierte sie stattdessen als Ersatzteilspenderin um.
1954 – 1957 wurden die beiden mängelgeplagten V 188 erneut umgebaut, bekamen dabei stärkere 1.100 PS Motoren von Maybach/Daimler-Benz. Die Nachkriegsdachaufbauten verschwanden wieder und Lokomotiven erhielten nun einen dunkelroten Anstrich und die DB-Logos. Zur Unterscheidung hatte die V 188 001 einen schwarzen Rahmen, die V 188 002 einen dunkelroten. Beide Diesellokomotiven zeichneten sich nun beim normalen Güterdienst durch hohe Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit aus.
Größere Auflösung: V188_DB_rot_V188_001_stummi.png
Größere Auflösung: V188_DB_rot_V188_002_stummi.png
Obwohl nun verbessert, war ihr Unterhaltungsaufwand größer als bei der vergleichbaren V 200 und um ihre anstehenden Untersuchungsfristen zu genehmigen, bedurfte es der besonderen Intervenierung der DB Nürnberg. So schafften es beide Lokomotiven doch bis 1968, wo die Lokomotiven nun die neue Nummernbezeichnung 288 001 und 002 der DB erhielten.
Mitte 1969 erlitt die 288 001 einen Rahmenbruch, der ihr Schicksal vorzeitig besiegelte. Eine Reparatur lohnte sich nicht und Lok wurde dann im Januar 1970 in Feldkirchen bei München verschrottet. Die 288 002 tat weiterhin ihren Dienst auf der Strecke zwischen Bamberg und Gemünden, doch nach der abgeschlossenen Elektrifizierung der Strecke am 16. September 1971 war auch ihre Schicksal besiegelt und sie wurde im Juni 1972 ausgemustert. Die Lok sollte nun verkauft werden. Ein Interessent wollte eine Lokhälfte mit einem zweiten Lokführerstand in Turin umbauen lassen und dann im Steinbruch in Udine einsetzen, doch das Vorhaben kam nicht zustande und die 288 002 landete dann auch auf dem Schrottplatz.
Mögliches Aussehen einer Lokhälfte der BR 288 002 mit einem zweiten, neu angebauten Lokführerstand, hier fiktiv im Anstrich der DB.
Größere Auflösung: V188_DB_rot_Einzellok_zus_stummi.png
Fiktiv: Die V 188 001 und 002 hätten beim großen Umbau 1954 – 1957 auch durch ein neues Mittelteil zu einer starken Dreifachlok umgebaut werden können, wie es die Schweden mit ihren E-Loks Dm3 um 1960 taten. Krupp warb in den 1950er Jahren noch mit der Instandsetzung und dem Neubau von Lokomotiven, wobei auch die V 188 gezeigt wurde. Dort hätte man sich bestimmt über den Bau der neuen Mittelteile gefreut. Die beiden umgebauten V 188 hätten dann vielleicht wie folgt ausgesehen:
Größere Auflösung: V188_Dreifachlok_DB_rot_V188_001_stummi.png
Größere Auflösung: V188_Dreifachlok_DB_rot_V188_002_stummi.png
VG Thorsten